„Ich habe mich auf das spezialisiert, was Frauen als intim betrachten“

Dr. Luise Berger ist eine der renommiertesten plastischen Chirurginnen Deutschlands. Ihr Karrierestart als alleinerziehende Mutter war jedoch alles andere als einfach. Ein Gespräch über Körperbewusstsein, Optimierungswahn und Hautpflege als Langzeitinvestment.

 

27. Mai 2024

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In Zeiten der Pandemie rückten Gesichter in den Fokus. Schließlich wurden Zoom-Konferenzen zum Dauerkommunikationstool und dementsprechend war das Gesicht im Mittelpunkt. Ein Grund mehr, weshalb nicht nur Schönheitsärzte und Dermatologen einen OP- und Botoxboom feststellten. Nach Angaben der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) waren Schönheitsoperationen 2022 stärker nachgefragt als vor der Pandemie. Doch auch die Hautpflege steht seitdem stärker im Fokus, weswegen es nicht verwundert, dass Ärzte vermehrt eigene Skincarelinien auf den Markt bringen. Und nicht mehr nur Dermatologen, inzwischen auch Schönheitschirurgen wie Dr. Luise Berger. In München sprachen die sympathische Plastische Chirurgin sowie ihre 17-jährige Tochter Eleonora über den harten Job als Chirurgin, ihr Spezialgebiet, die Intimchirurgie, und wieso gute Hautpflege das beste Langzeitinvestment ist.

ICON: Frau Dr. Berger, Sie haben sich nicht nur als Chirurgin auf einem harten Markt behauptet, sondern während Ihrer Facharztausbildung eine kleine Tochter versorgt, waren alleinerziehend. Wie haben Sie das alles gewuppt?

Dr. Luise Berger: Ehrlich gesagt: Es war der Gang durch die Hölle. Der Vater meiner Tochter Eleonora hat sich nicht um sie gekümmert. Ich konnte nicht zum Bäcker gehen, um eine Brezel zu kaufen, sondern maximal in den Discounter. Trotz eines Vollzeitjobs in der Klinik, einer 70 Stunden Woche inklusive Nacht- und Wochenenddiensten. Das Gehalt war einfach zu gering. Ohne die Hilfe meiner Familie und unserer „Leihoma“ Ulrike, die meine Tochter morgens um 6:30 Uhr entgegengenommen und bis abends betreut haben, hätte das nicht funktioniert. Und wenn ich Dienst hatte, hat Eleonora bei meiner Mutter übernachtet.

Kind und Karriere unter einen Hut zu bringen ist schon ambitioniert. Aber einen Facharzt für Chirurgie nebenher zu absolvieren ist noch mal eine ganz andere Herausforderung.

Für Frauen ist dieser Beruf immer noch absolut ungewöhnlich. Immer noch, weil der Tagesablauf so ist, wie er ist, weil es extreme Hierarchien gibt, weil die OPs nun mal um sieben Uhr beginnen. Wie sollst du das mit Kind vereinbaren? Der Kindergarten öffnet meist erst um 8:30 Uhr und man muss auch dazu sagen, dass es eine echte Männerdomäne ist. Aber ich wollte immer Chirurgin werden, schon im Kindergarten. Also gab es keine andere Wahl für mich.

Wie kam es?

Mein Vater ist Kardiologe, also Internist. Wir sind mehrfach im Englischen Garten oder auf der Straße in Notfälle geraten. Und das fand ich immer sehr spannend. Je blutiger, desto besser. Ich denke, man wird damit geboren.

Lässt sich die Männerdomäne Chirurgie damit erklären, weil es im OP so brachial bzw. sehr blutig zugeht?

Die Verantwortung ist immens, aber blutig ist es bei mir nicht, da ich extrem fein und sorgsam mit dem Körper meiner Patienten umgehe. Sagen wir es so: Ich „fahre“ vorausschauend. Ich sehe ein Gefäß und bevor ich es durchtrenne und es unkontrolliert vor sich hin spritzt, koaguliere ich es bevor ich weiter präpariere. Dadurch wird der Blutverlust deutlich reduziert. Es ist viel „sauberer“, viel akkurater. In jedem Fall ist operieren jedoch eine schwere körperliche Arbeit.

Da es so wenig weibliche Chirurginnen auf Ihrem Gebiet gibt, kommen sicherlich mehr Frauen zu Ihnen in die Praxis, oder?

Richtig. Deswegen habe ich mich auch auf den weiblichen Körper spezialisiert. Auf Brustchirurgie, Intimchirurgie und Oberlidstraffungen. Also all‘ das, was Frauen als intim betrachten. Als Frau und Mutter kann ich aus erster Hand nachempfinden, was Frauen stören könnte. Ich weiß auch, was mich persönlich stört und stehe für ein natürliches Körperbild.

Eleonora: Frauen, die 800 Milliliter große Implantate wünschen, die kommen eh nicht zu dir, weil sie schon wissen, dass du das nicht machst.

Dr. Luise Berger: Genau, die kommen erst gar nicht zu mir. Mir ist wichtig, dass Frauen sich wieder wohlfühlen in ihrer Haut. Und es soll nicht gemacht aussehen. Es geht um das Selbstwertgefühl: Ja, ich bin gut so wie ich bin. Ich fühle mich schön. Manchmal kommen Patientinnen zu mir, die auf den ersten Blick aussehen, wie Models. Wenn Sie sich dann ausziehen, fällt mir manchmal die Kinnlade runter, denn es ist wirklich unfair, was die Natur manchmal macht. Stichwort: Schlauchbrüste, starke Asymmetrien, Gigantomastien. Das ist eine solche Last! Außenstehende urteilen gerne vorschnell: ‚Das würde ich nie machen‘. Aber wenn Frauen sich nicht trauen, sich vor einem Mann auszuziehen, mit 25 noch keinen Freund hatten, weil sie sich so unwohl in ihrer Haut fühlen, dann macht das was mit einem.

Eleonora: Das fängt ja noch nicht mal mit dem Freund an, sondern auch schon in der Schule. Manche Mädchen trauen sich nicht in den Sportunterricht zu gehen, weil sie sich unwohl fühlen. Und das ist eine extreme Belastung. Und ich glaube, deswegen ist der Job so schön, weil sie so vielen Menschen so viel Lebensfreude und Selbstbewusstsein schenken kann.

Auf ihrem Instagram Account zeigen Sie viele Beispiele aus Ihrem OP-Alltag, zeigen Vorher-Nachher-Bilder. Wieso?

Es gibt Menschen, die werden nie verstehen, warum man eine Schönheits-OP durchführen lässt. Ich möchte mit meinem Account aufklären. Ich versuche vor allem die Patientinnen zu zeigen, die ein auffallend schlechtes Körperbild haben und zeige, wie diese sich im Nachhinein fühlen, ihren Gefühlen freien Lauf lassen, es kommen Freudentränen. Viele sagen: ‚Ich habe zum ersten Mal einen normalen Körper und es ist so schön‘. Ich bin der Meinung, dass wenn man das sieht, vielleicht eher versteht, worum es mir eigentlich geht und warum Frauen, in meine Praxis kommen. Es geht nicht um Perfektion und nicht um Normen! Es geht darum, sich in seiner Haut wohlzufühlen. Denn wenn ich mich wohlfühle, funktioniere ich besser, strahle viel mehr Positivität aus. Ich kann mich auch besser um meine Mitmenschen kümmern, wenn ich mit mir im Reinen bin.

Gilt das auch für die Haut?

Eleonora: Auf jeden Fall. Bevor ich unsere Produkte verwendet habe, hatte ich eine trockene und unreine Haut. Und das hat mich extrem gestört.

Dr. Luise Berger: Gerade Jugendliche möchten akzeptiert werden, dazugehören, fühlen sich oft unsicher. Und sobald man eine schöne Haut hat, dann strahlt man das aus. Und es ist natürlich auch dieser Optimierungswahn in unserer Gesellschaft vorhanden. Insofern ist der Druck groß, sich mit anderen Mädchen und Jungs auf Instagram oder TikTok vergleichen zu müssen.

In Ländern wie Südkorea gibt es Bewertungssysteme, mit denen Menschen öffentlich verglichen werden.

Eigentlich ist das alles traurig. Und man muss leider sagen, unreine Haut oder Problemhaut ist auch in den meisten Fällen keine gesunde Haut, sie ist nicht in der Balance. Hierfür können verschiedene Ursachen verantwortlich sein, wie z.B. eine Verhornungsstörung oder hormonelle Dysbalance. Und da ist es natürlich schon sinnvoll, dass man die Haut wieder ins Gleichgewicht bringt. Ich werde demnächst 47! Ich bin happy, dass ich noch eine gute Haut habe, ohne Operation. Ich habe auch keine Filler im Gesicht. Nur Botox und das seitdem ich 33 bin. Die richtige Pflege ist unerlässlich. Ich möchte möglichst lange den Zustand meiner Haut „konservieren“ und wir haben heutzutage zum Glück tolle Möglichkeiten dies zu tun. Jeder hat es selbst in der Hand, wie man altert! Dieser Verantwortung kann man sich stellen, oder auch nicht. Wenn Du gesund und schön altern möchtest, musst Du Dich gesund ernähren, ausreichend schlafen, regelmäßig Sport treiben, auf Nikotin und Alkohol verzichten und Dich mit einer effektiven Skincare um Deine Haut kümmern. It’s up to you! Dafür bedarf es jedoch Disziplin.

Wann kam Ihnen die Idee, eine eigene Serie auf den Markt zu bringen?

Die hatte ich schon immer im Hinterkopf. Ich arbeite mit Botox und Fillern, Eigenblut. Damit kann man das subkutane Gewebe gut fördern und die Kollagensynthese anstupsen. Aber was mir immer gefehlt hat, war dieses Puzzlestück von außen. Die Hautstruktur und -qualität zu fördern. Und das schafft man mit Wirkstoffkonzentraten. Mir war bewusst, dass es schon zehntausende Firmen gibt. Aber die Produkte hatten aus meiner Perspektive nicht die Wirkstoffe enthalten, die ich für wichtig erachte und vor allem nicht in der Konzentration, wie sie die Haut benötigt, um eine sichtbare Verbesserung der Haut zu bewirken.

Eleonora: Deswegen heißt unsere Serie auch „DocBerger Effect“. Wir wollen, dass unsere Kunden einen echten Effekt erleben. Hierzu braucht die Haut jedoch Zeit. Erste sichtbare Ergebnisse sind nach drei bis sechs Monaten zu erwarten.

Sie stehen täglich stundenlang im OP, arbeiten in Ihrer Praxis in der Münchner Innenstadt. Standen Sie auch im Labor?

(Lacht). Das überlasse ich gern den Profis, da muss ich ihnen nicht reinreden. Die ersten Produkte habe ich erst einmal in meinem Familien- und Freundeskreis getestet. Und es gab kaum einen, der nicht sagt: „Wow, okay, das ist das erste Mal, dass ich überhaupt einen Unterschied sehe.“ Wir arbeiten nämlich mit hautidentischen Lipiden, die die Vitamine, Antioxidantien und Wirkstoffe dorthin bringen, wo sie wirken sollen.

Und du, Eleonora? Hast du Lust in die Fußstapfen deiner Mutter zu treten? Immerhin hast du im vergangenen Jahr mit 16 dein Abitur mit 0,8 abgeschlossen. In Bayern!

Nein, ich möchte keine Medizinerin werden. Ich möchte unsere Marke aufbauen, sehe mich als Unternehmerin, studiere deshalb Management und Technology an der Technischen Universität in München. Aber wissenschaftlich interessiert war ich schon in der Schule und ich habe mich in alles eingelesen. Meiner Generation sind Werte wie Qualität und Verantwortung wichtig. Und natürlich Nachhaltigkeit. Eine Hautanalyse auf der Homepage hilft bei der Auswahl. Unsere Produkte sind ob der hohen Wirkstoffkonzentration kein Spielzeug. Man muss das behutsam angehen.

Die Produkte sind hochpreisig, in einer Liga mit La Prairie oder La Mer.

Richtig. Aber Hautpflege ist wirklich ein Langzeitinvestment. Und ich glaube, wenn man die Leute überzeugt, lieber in eine gute Pflegeroutine, die zur eigenen Haut passt, zu investieren anstatt in Fingernägel, Extensions oder noch schlimmer in Zigaretten, dann ist der Preis angemessen. Unsere Produkte sind so hochpreisig, weil die Wirkstoffe sehr teuer sind. Und „clean“ sind die Produkte auch. Das heißt, wir verzichten auf viele kritisch diskutierte Zusatzstoffe. Natürlich kostet die Herstellung dann deutlich mehr.

Sie sind Halb-Japanerin, in München geboren, aber in beiden Kulturen aufgewachsen. Haben Ihr Praktisches Jahr in Tokio absolviert. Ist das der nächste Markt, den Sie vor Augen haben? Schließlich gelten Japanerinnen im Allgemeinen als Kosmetik verrückt. Kaum ein Land benutzt mehr Pflegeprodukte.

Klar, alles, was aus Deutschland kommt und dann noch medizinisch ist, ist dort sehr angesehen. Japaner ticken aber ganz anders, was Eingriffe angeht. Kleine chirurgische Eingriffe, wie das doppelte Augenlid erschaffen, haben hier Hochkonjunktur. Wiederum eine Brustvergrößerung oder eine Straffung des Intimbereichs funktionieren in dieser Kultur gar nicht. Und das muss man respektieren. Hingegen könnte ich mir sehr gut vorstellen, dass unsere Produkte in Japan der Renner werden.