BUNTE Szene: Im Zeichen der Schönheit

Leonie Hanne mit Schönheitsärztin Luise Berger und deren Tochter Eleonora bei der Präsentation der neuen Wirkstoffkosmetik Doc.Berger Effect in München.

27. Februar 2024

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Sie ist der deutsche Social-Media-Superlativ. Fast fünf Millionen Menschen verfolgen Leonie Hannes Reisen durch die Fashion-Szene auf Instagram. 1,7 Mio. sind es zusätzlich auf der Social Media-Plattform TikTok, wo ihre Fotos 52,3 Millionen Mal von Fans geliked wurden.

Die 35-jährige Influencerin sitzt bei den größten Modenschauen in der ersten Reihe – und verdient mit ihren Fotos, die in der Regel i

hr Lebensgefährte Alexander Galievsky von ihr macht, ein Vermögen. Vergangene Woche kam sie auf Einladung von Luise Berger, einer renommierten Fachärztin für Ästhetische und Plastische Chirurgie, nach München, um sich über deren neue Wirkstoffkosmetik Doc.Berger Effect zu informieren. Dort sprach sie mit BUNTE über falsche Schönheitsideale, Hass im Internet und den Druck, immer perfekt sein zu müssen.

Frau Hanne, Sie haben sich heute mit Luise Berger ausgetauscht, einer Spezialistin für Schönheitschirurgie. Warum, glauben Sie, sind Schönheitseingriffe immer noch so verpönt?

Wenn man das international vergleicht, ist in Deutschland das Thema Schönheits-OPs extrem negativ belastet. In London reden die Leute da beim Kaffeeholen darüber. Hier hingegen wurde ich sogar schon von Make-up-Artists gefragt, nach dem Motto: ,Oh, du hast ja doch keinen Filler in den Lippen? Das hatte ich online ganz anders gelesen. Da bin ich aber beruhigt.‘ Und ich denke mir: Selbst wenn, warum diese negative Haltung? Mich erstaunt immer wieder, wie hart Frauen zu anderen Frauen sein können.

Finden Sie?

Absolut. Gerade habe ich auf der Fashion Week in Paris auf einer Show Kylie Jenner getroffen. Da ist mir mal wieder bewusst geworden, wie unglaublich hoch der Druck auf Frauen ist. Man darf nicht unterschätzen, dass das alles auch extrem anstrengend ist während der Couture Woche. Viel Presse, Fotografen und Fans kreischen, es ist kalt, man hat wenig an – und ist nervös. Und dann kommt da Kylie, Mutter von zwei kleinen Kindern, aus einer anderen Zeitzone angereist, und wird fotografiert in einem Moment, in dem das Licht nicht optimal ist. Und schon schreit jeder auf: ,Was ist mit ihrem Gesicht passiert?‘, ,Krass, das ganze Botox!‘, ,Sie sieht aus wie 40!‘. Dabei hatte sie nur einen Schatten im Gesicht und vielleicht eine schlechte Nacht – und wenn es Botox war, so what?

Bei einigen Ihrer Kolleginnen hat dieser Druck, immer perfekt zu sein, zu Burn-out und Depressionen geführt.

Was ich verstehen kann. Bella Hadid ist ein gutes Beispiel dafür. Sie war ganz oben, zigmal Model of the Year. Doch die Frage ist: Was kommt als nächstes? Die Leute erwarten immer mehr. Dabei ist es manchmal leichter, die Leiter hochzuklettern, als oben zu bleiben. Ich glaube, Bella hat irgendwann Angst bekommen, die hohen Erwartungen nicht mehr erfüllen zu können. Bei mir ist es anders: Ich habe als Jugendliche als Zeitungsausträgerin mein erstes Geld verdient und dann im Backshop gejobbt. Ich habe drei Abschlüsse gemacht, studiert und bin eigentlich von Beruf Strategieberaterin. Ich bin eine ganz normale Frau und modele mittlerweile viel, es ist jedoch nicht der Maßstab, den ich an mich setze.

Dennoch: Wie schützen Sie sich vor Hass im Internet?

Ich habe ein gutes Umfeld, von dem ich weiß, dass es mich liebt und akzeptiert, egal wie ich bin. Meiner Meinung nach wird aber viel zu wenig darüber gesprochen, was man tun kann, um sich psychisch wohlzufühlen, um sich so zu akzeptieren, wie man ist.

Was schätzen Sie, wie viele Tage im Jahr sind Sie auf Reisen?

Zwei, zweieinhalb Monate im Jahr dürfte ich zusammengerechnet zu Hause in London sein. Alex und ich hatten gerade ein Erlebnis, was uns die Augen geöffnet hat: Als wir in Paris ins ,Hôtel Plaza Athénée‘ eingecheckt haben, sagten sie uns, dass wir in den letzten sieben Jahren schon 45-mal da gewesen seien und über 300 Nächte dort verbracht hätten. Man muss wissen, dass wir in der Zeit zusätzlich auch noch in anderen Hotels in Paris übernachtet haben. Da wurde mir klar, dass ich quasi ein Jahr in Paris gelebt habe, ohne es zu merken – und damit wohl häufiger dort war als bei uns in London. Aber diesbezüglich setzt bei uns gerade ein Umdenken ein.

Inwiefern?

Alex und ich lernen unser Zuhause schätzen. Corona hat dazu geführt, dass wir uns intensiv damit auseinandergesetzt haben, wie unser Leben aussieht, wenn wir nicht unterwegs sind. Wir hatten damals kein richtiges Zuhause, nur eine superkleine Mietwohnung in Notting Hill. Doch wir waren so wenig zu Hause, dass es uns nie aufgefallen ist. Jetzt haben wir ein Haus, da pflege ich meine Rituale, da komme ich runter, gehe in mein Nagelstudio ums Eck, in meinem Lieblingscoffeeshop, zum Pilates und Sport. Von dieser Perspektive aus komme ich mir bei den Haute-Couture Schauen manchmal wie eine Karikatur meiner selbst vor.

Verfolgen Sie die ganzen Kommentare unter Ihren Posts?

Schon. Früher habe ich das alles viel persönlicher genommen und auch unter diesem Performance-Druck gelitten. Aber insgesamt bin ich cooler geworden und auch an einem Punkt angekommen, wo ich Dinge auch mal hinnehme.

Sie führen ein Leben, von dem Millionen junge Frauen träumen. Halten Sie es für problematisch, dass dieses luxuriöse, konsumorientierte Leben als besonders erstrebenswert inszeniert wird? Sehen Sie sich da in der Verantwortung?

Ich verstehe das Thema. Allerdings glaube ich, dass diese Wertevermittlung unbedingt zu Hause passieren sollte. Jeder braucht Menschen um sich herum, die einem das Gefühl geben, dass man gut genug ist und einem zeigen, worauf es im Leben wirklich ankommt. Auf Liebe und echte Freundschaft zum Beispiel. Ich denke, es ist immer der falsche Weg, in einer App nach Bestätigung oder persönlichen Antworten zu suchen anstelle im eigenen Umfeld. Der Grund, warum ich mit dem allen eigentlich ganz gut klarkomme, ist meine Familie, meine Mutter, meine Schwestern. Die eine ist Ärztin, die andere Lehrerin. Die wollten beide nicht mit mir arbeiten, weil sie ihre Berufe viel cooler finden, als in meiner Welt unterwegs zu sein. Wichtig ist, Zufriedenheit bei sich selbst zu finden und nicht woanders. Instagram ist eine Inszenierung.

Gibt es Dinge, die Sie aus Prinzip nicht posten?

Vieles. Gerade weil ich finde, dass ich Verantwortung trage. So denken einige, ich esse nichts und wollen, dass ich meine Mahlzeiten zeige. Aber ich esse vegan und habe ganz eigene Essgewohnheiten. Zum Beispiel esse ich jeden Tag eine Smoothie Bowl mit Erdnussbutter. Aber das kann ich ja nicht Menschen wahllos zum Nachmachen empfehlen.

Wie verfolgen Sie den Skandal um ihre Influencer-Kollegin Chiara Ferragni, gegen die die italienische Staatsanwaltschaft wegen Betrugs ermittelt?

Da bin ich tatsächlich super zwiegespalten. Ich glaube, manche Leute haben schon Lust, ein Exempel an einem zu statuieren. Es gibt eine ausgeprägte Missgunstkultur Influencern gegenüber, weil sie einen guten Lifestyle haben oder Sachen umsonst bekommen. Da würde sich mancher echt freuen, wenn da mal was schiefgeht. Deswegen bin ich da auch ganz besonders vorsichtig und korrekt und habe mit meinem Freund Alex einen Businesspartner an meiner Seite, der sicherstellt, dass ich nur das mache, was authentisch ist und zu mir passt.

Jetzt sind Sie erst 35, aber angenommen, Sie werden mal Mutter: Ab welchem Alter dürfte Ihr Kind ein Smartphone, Instagram und Co. nutzen?

Ich habe mein Handy im Alter von 16 Jahren bekommen. Am liebsten hätte ich, dass meine Kinder mal ohne Handy aufwachsen.